Gerhard Bechtold

  Consultant for National (Geo-)Information Systems and Database Setup, for Natural Resources Assessments   


Terra Preta Terra Preta Homepage

Thesis about Anthrohumox in Brazilian Lowland

 

1.1 Begriff der Terra Preta

1.1.1 TP als Bodentyp Bei der TP handelt es sich um einen anthropogen überprägten, fruchtbaren Boden, der sich stellenweise aus dem unfruchtbaren Latosol Amazoniens entwickeln konnte. Den Einfluss des Menschen bezeugen die im humosen Oberboden überall zahlreich vorhandenen Keramikreste präkolumbianischer Indianer. Ob allerdings primär die TP existierte und die Indianer diese Flecken aufgrund ihrer Fruchtbarkeit als Siedlungsplätze bevorzugt auswählten oder andererseits Indianer durch bodenbeeinflussende 'Massnahmen' i.w.S. ihre Siedlungsplätze in TP 'umwandelten', steht noch offen und soll in Kap. 1.2 und 1.3 diskutiert werden.

Trotz rezenter pedogener Prozesse ist die TP als Latosol bzw. Oxisol im Sinne der Bodenklassifikationen bzw. als mit einem oxic-horizon im Untergrund versehen anzusprechen, da in ihr Zeichen intensiver Verwitterung, Desilifizierung, Sesquioxidanreicherung, Tongehalt von über 15 %, der fast ausschliesslich aus Kaolinit besteht, u.a. überwiegend vorhanden sind. (Zur Abgrenzung des oxic-horizon siehe Kap. 2.6.2). Charakteristisch für die TP ist indes im oberen Teil der Humusgehalt und die Folgerungen daraus, wie z.B. erhöhte Kationenaustauschkapazität, Basensättigung, Acidität, die + schwarze Farbe (Namensgebung !) u.a., und als Zeichen anthropogener Einwirkung die Durchmengung der humosen Horizonte mit Keramikscherben. Auf die weiteren spezifischen Charakteristika der TP wird unten ausführlich eingegangen (siehe Kap. 6).

Statt einer Beschreibung der TP sei auf die Ansprache der TP-typischen Profile SP 1 - 5 und SP 7 - 9 in Kap. 3.9 und auf die Mittelwertsdarstellungen im Datenband (Seite 42-97) verwiesen.

Eine wissenschaftliche Definition der TP im Rahmen der 7th Approximation wird in Kap. 2.6.2 vorgeschlagen (Anthrohumox).

Von einem TP-Vorkommen zum anderen wurden bei der Geländearbeit starke Differenzen festgestellt. Der Bodentyp 'Terra Preta' muss daher als eine Zusammenfassung ähnlicher Böden angesehen werden denn als Begriff des Bodentyps mit weitgehend identischen Eigenschaften, wie etwa aus Mitteleuropa bekannt. Die Böden des 'TP-Typs' haben einige wichtige, charakteristische Eigenschaften und Dynamiken gemeinsam. Sie können aber in anderen Eigenschaften, etwa Korngrössenzusammensetzung (es existieren tonige und sandige Vertreter), Konkretionsbildungen (z.B. Profil SP 0, siehe Kap. 3.4.1) u.a. unterschiedlich sein. Es stellt sich daher die Frage nach einer Abgrenzung bzw. Definition des Begriffes 'Terra Preta'.

1.1.2 Abgrenzung der 'Terra Preta' Die TP ist daher zu definieren als ein im Oberboden stark bis sehr stark humoser Latosol mit über 13-14 % organischer Substanz, z.T. bis über 20 %, in den obersten Zentimetern, aber ohne hydromorphe Anzeichen. Latosole dagegen haben meist nur einen diesbezüglichen Gehalt von unter 10 %, meist sogar noch wesentlich tiefer (siehe Kap. 2.6.5). Da aber im Latosol die organische Substanz nach unten zu wegen der schnellen Mineralisation sehr schnell abnimmt (in 50 cm Tiefe durchschnittlich nur noch ca. 1,3 %), in der TP dagegen stabiler Humus bis in durchschnittliche Tiefen von ca. 1 oder gar 2 m existiert (in 50 cm Tiefe z.B. 5,1 % organische Substanz), dient der Humusgehalt in einer mittleren Tiefe besser als Abgrenzungskriterium.

Verf. macht daher aufgrund seiner Geländebeobachtungen (siehe Kap. 3.5) und Literatureinsicht (Tab.4 in Kap. 6.3.2) den Vorschlag, erst dann von TP zu sprechen, wenn in einer Tiefe von ca. 50 cm mehr als 2 oder mehr als 2,5 % organische Substanz vorhanden ist (entspricht 1,2 - 1,5 % C). In der Geländeansprache drückt sich dies insbesondere durch die in den oberen Dezimetern dominanten dunklen bis schwarzen Farbtönen der TP (nach Munsell-Skala value-Werte von unter 5 im oberen Meter) gegenüber den rötlichen bis gelben Farben der Latosole (value 6 oder 7) aus. Einem erfahrenen Beobachter bietet sich daher die Möglichkeit, aufgrund des Schwärzungsgrades relativ genau den Gehalt an organischer Substanz abzuschätzen und auf diese Weise TP von Latosol zu unterscheiden bzw. das Zentrum einer TP-Lokalität aufzusuchen. Im Vergleich zu ektropischen Böden kann diese Abschätzung genauer erfolgen, da die Latosole in sich wesentlich 'homogener', d.h. ohne erkennbare Horizontierungen sind, der Humusgehalt in ihnen geringer ist und die helle Hintergrundfarbe stärker den Kontrast zum dunklen Humusfarbton abhebt als in den + verbraunten Horizonten der Ektropen. Die daraus gewonnene Geländebeobachtung und Kartierung des Verf. entspricht den späteren Analysedaten.

Zum zweiten ist aber für das Vorliegen einer echten TP anthropogenes Einwirken notwendig, das stets mit dem Auftreten von Keramikresten verbunden ist. Dies bezeugen sowohl andere Autoren als auch eigene Geländebeobachtungen. Das Zentrum der stärksten Humusanreicherung deckt sich stets mit dem des stärksten Keramikbesatzes. Dabei reicht es als Bedingung für die geforderte TP-Definition m.E. aus, wenn sich an einer beliebigen Stelle der diskutierten Lokalität Scherben finden lassen. Es müssen diese nicht zwangsläufig im gesamten Gebiet mit dem höheren Humusgehalt vorkommen (siehe auch Kap. 3.5.2, Lok.1).

Somit sind zum Vorliegen einer TP die beiden Voraussetzungen: notwendig. 1.1.3 Abzulehnende Terra Preta-Begriffe Im angrenzenden Gebiet treten verschiedenste Übergangsformen von TP zu Latosol auf, die in ihrer Flächenerstreckung oft das eigentliche TP-Areal um ein Mehrfaches übertreffen (siehe Kap. 3.6). Diese Böden sind aber aufgrund ihrer schwächeren Ausprägung - oft nur die oberen 10 cm humos - nicht mehr als TP sensu strictu anzusehen. Eine derartige Bodenvergesellschaftung untersuchende Profilkette aus 5 Bodenprofilen auf eine Distanz von ca. 500 m wurde zwar im Gelände aufgenommen (siehe Kap. 3.5.2, Lok. 11) und entsprechende Proben gezogen, diese wurden aber nicht analysiert, so dass die entsprechende Diskussion entfällt. Der vereinzelt auftretende Begriff 'Terra Mulatta' (Sombroek 1966, S.175; Franco 1962, S.17) als Übergangsbodentyp der TP zum Latosol ist nicht zu verwenden, solange nicht ihm eigene Charakteristika nachgewiesen werden können, er nur unklar abgegrenzt und nicht ausreichend untersucht ist.

Ebenso muss der Begriff 'Terra Preta Comum' (mdl. Mitt. v. Dubois, FAO) als Bezeichnung eines angeblich nicht-anthropogenen, d.h. keramiklosen, aber dennoch stark humoshaltigen, schwarzen Latosols mit unbekannter, natürlicher Genese und Verbreitung als zweifelhaft abgelehnt werden. Sämtliche diesbezügliche Hinweise stellten sich bei der Geländebeobachtung des Verf. als anthropogen dar (siehe Kap. 3.5).

1.1.4 Terra Preta als Forschungsansatz Gelänge es, diesen genetischen Prozess zur TP-Bildung grossflächig gesteuert einzusetzen, so wäre eine grossräumige Bodenmelioration Amazoniens ohne frühzeitige Erschöpfung des Bodens denkbar. Es darf daher als 'Fernziel der TP-Forschung' bezeichnet werden, die Entwicklung des Latosols zu einem humus- und nährstoffreichen Bodentyp zu erkennen und nachzuvollziehen.

Die Möglichkeit, grössere Areale landwirtschaftlich intensiv zu nutzen, da eine Auslaugung oder Erschöpfung des Nährstoffvorrates bei der TP - im Gegensatz zum Latosol - nicht beobaccchtet wurde, wäre zweifelsohne von Vorteil für die dortige Bevölkerung. Höhere und v.a. konstante Ernteerträge versprechen eine bessere Ernährungs- und (wohl auch) Einkommenssituation der z.T. nahe oder unter dem Existenzminimum lebenden Menschen und daraus eine Entwicklung der Infrastruktur des Gebietes (siehe aber Kap. 7).

Die Wissenschaft steht damit vor dem Problem, analytisch Prozesse zu erkennen, die die Menschen früherer Epochen aufgrund ihres empirischen Erfahrungsschatzes bereits für sich nutzten, deren Kenntnisse aber heute 'verloren' gegangen sind.
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1.2 Forschungsstand

1.2.1 Frühere Darstellungen Namentlich erwähnt wurde 'Terra Preta' - bzw. damals auch als 'Terra Cotta' bezeichnet - zum ersten Mal 1871 von Ch. F. Hartt. Obwohl Geologe, beschreibt er ausführlich die gefundene Keramik ehemaliger Siedlungsplätze der Indianer und damit auch TP-Vorkommen auf der Ilha do Marajo, am unteren Amazonas und am unteren Tapajos. Erstmals wird auch der Santarémer TO-Komplex erwähnt, der sich von Santarém aus ca. 50 km gen W und gen E und ca. 70 - 80 km nach S erstreckt. Nach dieser ersten Beobachtung kommt sie angeblich nur in den rezenten Schwemmlandniederungen entlang der Ufer und an den Rändern des wenige Kilometer entfernten Hochplateaus vor (Hartt 1885, S.12), wie dies auch vom Verf. beobachtet wurde, allerdings nicht ausschliesslich an diesen Stellen (siehe Kap. 1.3 und 3.6).

Hartt's Beobachtungen beschränken sich auf die 'Entdeckung', d.h. die erstmalige Nennung dieses Phänomens in der wissenschaftlichen Literatur, und einen kurzen Abriss der regionalen Verbreitung in der Region um Santarém. Er vermutet, dass diese Lokalität durch ihre primäre, d.h. bodengenetisch bedingte Fruchtbarkeit die Indios angezogen habe, diese darauf ihre Siedlungsplätze errichteten, sie intensiv umwälzten, und dass dadurch die hohe Anzahl von Keramikresten in der TP zu erklären sei. Denn bereits für ihn stand aufgrund der vielen Keramikfunde die enge Verknüpfung zwischen TP und Indianersiedlungsweise ausser Zweifel.

Katzer nahm den Hinweis Hartt's auf und suchte ebenfalls im Santarémer Raum einige TP-Vorkommen auf und analysierte einige Proben (1903). Nach ihm sind die TP 'Zusammenschwemmungen des organischen und anorganischen Detritus der ehemals in einem höheren Niveau gelegenen Flüsse' (Zimmermann 1958, S.51).

Anschliessend gerät die TP wieder in Vergessenheit, taucht aber Mitte der Zwanziger Jahre bei geologisch-mineralogischen Kartierungen ohne weitere Diskussion wieder auf (Serv.Geol.Min. 1926, S.5-30).

Bei der Arbeit einer Grenzkommission untersucht Barbosa de Faria 1928 die TP, nennt eine Reihe von 2 - 4 ha grossen Vorkommen am unteren Trombetas (siehe Kap. 1.4: Barbosa d.F. 1940; 1944; 1946) und ist ebenfalls wie Hartt der Ansicht, dass die primär bedingte, hohe Fruchtbarkeit der TP erst sekundär die Indianer angezogen habe, die diese als Ritual nutzten, wodurch die stets zerbrochenen Keramikstücke erklärt waren (Hilbert 1955, S.12, 18). Er folgerte dies aus manchen Beobachtungen von religiösen Zeremonien, bei denen grössere Mengen gebrannter Töpfe und Vasen zerstört wurden (u.a. Salas 1946, in Ranzani et.al. 1962; siehe auch unten).

Barbosa d.F. hielt die TP für + organische Auffüllung ehemaliger Seen und damit für sedimentologischen ('geologischen') Ursprungs (Hilbert 1968, S.268), an anderer Stelle erwog er auch die Möglichkeit vulkanitischer Gesteinssedimentation (Hilbert 1955, S.13).

1.2.2 Forschungen durch Archäologen und Ethnologen Seit dieser Zeit wird wiederholt von den Archäologen und Ethnologen der Begriff 'Terra Preta do Indio' oder auch 'Terra Preta' verwendet. Sie sind durch die hohe Identität von archäologischen Fundstätten mit TP-Vorkommen an deren Erforschung beteiligt. Denn bis auf wenige Ausnahmen, etwa die Sambaquis Muschelhaufen) an der Atlantikküste (Palmatary 1960, S. 25ff) sowie einige reine 'Fischerdörfer' direkt am Ufer der Flüsse (Nimuendaju 1949, S.103; Hilbert 1968, S.269), wurden sämtliche archäologischen Funde in der TP gemacht.

Nach Sternberg besteht ein unfehlbares Korrespondieren zwischen TP und archäologischen Fundstätten (Hilbert 1968, S.44) bzw. ist die 'TP ... in allen Fällen identisch mit archäologischen Fundstellen' (Hilbert 1968, S.28) bzw. 'na terra preta, ha careta' ('wo es TP gibt, gibt es auch Keramik'; Barbosa d.F. 1944, in Baldus 1951, S.2) bzw. gibt es 'keine ehemalige Indianersiedlung ..., die nicht auf TP stünde' (Mittl.v.Nimuendaju, in Hilbert 1955, S.16). Es ist daher auch die Gleichsetzung von TP-Vorkommen und archäologischen Fundstätten in der Zusammenstellung in Tab.3 zu erklären.

Die gründlichsten Untersuchungen seitens eines Archäologen stammen von Nimuendaju, der 1923-26 im Santarémer Raum arbeitete und dort 65 einzelne TP-Vorkommen v.a. auf der Terra Firme lokalisierte (Nimuendaju 1949, S.102; siehe Kap. 1.4 mit Karten Abb.1/2). Er berichtete über eine Anzahl interessanter Beobachtungen, die z.T. auch vom Verf. bestätigt werden konnten, wie das ausschliessliche Vorkommen von TP auf Anhöhen - daher darf die Theorie der TP-Genese durch zusammengeschwemmtes, organisches Material (siehe unten) ausgeschlossen werden -, die Identität der Bodentextur von TP und Ausgangsboden, die geringe Grösse der TP-Vorkommen (meist unter 200 m Durchmesser) und die mächtigen Horizonte mit 'Siedlungsresten' als Anzeichen einer sehr langen Besiedlung durch die Indianer. Andere Beobachtungen, wie z.B. deren Nähe zu Trinkwasser in Form von Flüssen oder gegrabenen Brunnen oder die Anlage alter, ca. 1 m breiter, geradliniger 'Indianerstrassen' zwischen den einzelnen TP, konnten nicht bestätigt werden (Nimuendaju 1948; 1949, S.102 ff; 1960, S.18 ff; Hilbert 1955, S.15 f; Baldus 1951, S. 2f).

Seiner Ansicht nach sind die TP das 'Resultat langer und beständiger Anwesenheit zahlreicher Indianergruppen am gleichen Ort' (Hilbert 1968, S.268). Er ist damit der erste Autor, der eine ausschliesslich anthropogene Genese der TP postuliert.

Als weitere Archäologen, die sich u.a. mit der TP befassten, wären zu nennen Meggers und Evans (1948; 1957, S.177 u.a.), die von z.T. sandiger TP auf der Ilha do Marajo berichten im Gegensatz zu den rein tonigen von Belterra, desweiteren Palmatary (1939; 1960, S.18-25 v.a.) als die Keramik- und Archäologieexpertin von Santarém sowie Hilbert (1955; 1968). Im Rahmen dessen umfangreicher und erstmals den ganzen Amazonasraum umfassender Beschreibung gder archäologischen Fundstätten und Kulturen geht er ausführlich auf die Erscheinung der TP ein und unterscheidet zwei 'Typen' - eine Unterscheidung, die weder vom Verf. noch durch Literaturvermerke oder Analysenbefunde bestätigt werden konnte: Die sog. 'heisse' TP sei leicht und locker und für landwirtschaftlichen Anbau wenig geeignet, die 'kalte' TP dagegen fest und feucht und für den Anbau geeignet (Hilbert 1955, S.15). Worin der Unterschied zwischen diesen beiden TP-Arten liegt, ob es etwas lediglich verschiedene Bodenarten sind, ist nicht weiter ersichtlich.

Auch hier wird die stete Nähe zu Wasserläufen oder offenen Seen hervorgehoben, sowie das gruppenweise Auftreten der Vorkommen und die Beziehung zwischen Scherbenreichtum und Intensität der TP: Je mehr Scherben vorhanden, desto tiefer und dunkler die TP; wie dies - allerdings mit Ausnahmen - auch im Raum von Belterra bestätigt weeeerden konnte (siehe Kap. 3.5.3).

Bevorzugt seien sie zu finden in den Serras auf den höchsten Stellen, am Ufer des Amazonas, wo dieser ein Steilufer bildet, aber auch am stärksten erodiert, sowie an den Rändern der Terra Firme, wie z.B. in Belterra. Daneben konnte Hilbert wie auch Meggers und Evans (1957, S.175 u.a.) und Verf. stark gehärtete, aber nicht konkretionäre, evtl. gebrannte Tonklumpen finden, deren Verwendungszweck bzw. Entstehung noch völlig ungeklärt ist (Hilbert 1968, S.93).

Die Vielzahl der zu kleinsten Teilen zerbrochenen Keramiken und das völlige Fehlen grösserer Stücke oder gar ganzer Gegenstände dürfte eindeutig auf eine bewusste Zerstörung zurückzuführen sein (mdl.Mitt.von Frickel, Hilbert 1955, S.18). Dies kann auf verschiedene Weise erklärt werden: Die Möglichkeit der religiösen Orgien wurde bereits oben erwähnt. Als weitere Ursache für den hohen Zerstörungsgrad wird aufgeführt, dass bei der Vertreibung und Ausrottung der Indianer durch Missionare im Zeichen der 'Christianisierung' (Hilbert 1955, S.18) oder auch spätere Siedler aufgrund abergläubischer Angst vor den Indianern die Keramik zerstört hätten (Palmatary 1960, S.24).

Wahrscheinlicher erscheint es aber, dass die Indianer selber - wie in amazonischen Rückzugsregionen hhhheute noch beobachtet - nach Stammesfehden, bei Todesfällen (Hilbert 1955, S.18) oder nach Auflassen des Siedlungsplatzes bei der shifting cultivation ihre Hütten niederbrannten und das Keramikgeschirr zerbrachen, das später bei erneuter landwirtschaftlicher Nutzung des Geländes durch die tiefwurzelnden Maniokpflanzen weiter zerstört und zerkleinert wird (Palmatary 1960, S.24).

1.2.3 Heutige, v.a. brasilianische Forschungen Neueren Datums liegen Arbeiten über die TP nur mehr aus Brasilien vor, grossen Teils von Geographen und Bodenkundlern. Gourou untersuchte 1948 die Morphologie der Region um Santarém-Belterra, diskutiert dabei ausführlich die TP und Thesen ihrer Entstehung und schliesst sich der These Nimuendajus an, nach der die TP v.a. durch die langandauernde Besiedlung durch die Indianer entstanden ist (Gourou 1949, S.376 ff; Falesi 1972, S.37).

Eine eigene kurze Arbeit über die TP-Vorkommen von Belterra und ihre Entstehungsmöglichkeiten schrieb Franco (1962), der die TP als die Zu-Sedimentation der zahlreichen, periodisch mit Wasser gefüllten Senken (sog. Depressaos Fechados: siehe Kap. 3.4.1), mit organischem Material sieht, begünstigt und teilweise mit Scherben gefüllt durch die sporadische Ansiedlung der Indianer an ihren Ufern.

Er kommt somit auf die These Barbosa d.F. zurück. Dem steht allerdings die Beobachtung Hilberts, Baldus, des Verf. u.a. entgegen, dass die TP v.a. an morphologisch exponierten Stellen, etwa an Plateaurändern (siehe Kap. 3.4.1 und 3.5.3) vorgefunden wurde. Bereits aus dieser Beobachtung heraus kann die These Francos nicht als richtig angesehen werden!

Erstmals wird hier der 'linsenförmige' Charakter angeblich sämtlicher TP-Lokalitäten erwähnt (identisch mit der Form der übrigen Hohlformen): Rund, ohne konvexe Erhebung, in der Mitte am tiefsten, zu den Rändern hin weniger tief (siehe Abb. 18 in Kap. 3.5.2), mit der Übergangszone der sog. 'Terra Mulatta' (siehe Kap. 1.1.3). Dass dies nicht so sehr eine Abnahme der Mächtigkeit vom Zentrum zu den Rändern hin ist, sondern vielmehr der Intensität, etwa des Humusgehaltes, wurde in Belterra beobachtet (siehe Kap. 3.5). Zudem wird sehr oft die 'linsenförmige', runde Form durch morphologische Einflüsse, wie Hangkante, Ufer o.dgl. modifiziert (etwa in Vorkommen 1).

Im selben Jahr erschien die erste bodenkundliche analytische Arbeit über die TP, durchgeführt von Ranzani et.al. Anhand zweier Bodeneinschläge in der Santarémer Region wurden Proben entnommen und auf einige chemische Standardgehalte (C, N, Austauschkapazität, pH etc.) hin untersucht. Bemerkenswert ist hier u.a. der niedrige Wert von unter 0,02 mval austauschbares K / 100 g und der nach oben hin ansteigende Gehalt freien Eisens (Ranzani et.al. 1962, S.9; vergl. Kap. 6.8.9 und 6.12.2). Die Entstehung TP wurde hier als Plaggen-Epipedon, aufgetragen auf den Latosol, abgehandelt und wäre daher angeblich den europäischen Plaggen-Böden vergleichbar.

Diesem Vergleich muss aus verschiedenen Gründen widersprochen werden (siehe auch Kap. 1.3):

Auch nach der 7th Approximation ist die TP weder als 'Plaggept' noch als 'plaggic' anzusprechen (Soil Survey Staff 1960, S.35; siehe Kap. 2.6.2).

In seinem ausführlichen Werk über die amazonischen Böden geht Sombroek auch auf das Phänomen der TP ein (1966, S. 158 f, 174-176, 252-256).

Hierbei beschreibt er die bereits aus der Literatur bekannte Tatsache, dass die TP v.a. auf pleistozänen Terrassen, auf dem Planalto aber nur am Rand oder in Flussnähe anzufinden seien; oft in der Nähe heutiger Städte, somit die TP siedlungsgeschichtlich eine wichtige Rolle spielt (siehe Kap. 1.4). Eine andere Entstehungsmöglichkeit als die anthropogene schliesst er wegen der Identität von Textur, Tonmineralzusammensetzung und Untergrund von TP und umliegendem Latosol aus (ibid., S.174 f).

Es folgt die bisher exakteste chemisch-analytische Beschreibung und deren Diskussion (ibid., S.252-256). Bei der Relation zwischen C-Gehalt und dem T-Wert der Kationenaustauschkapazität konnte eine einwandfreie, lineare Korrelation festgestellt werden, wobei die T-Werte um fast das Doppelte höher liegen als bei den Latosolen.

Weitere bodenkundlich-analytische Arbeiten wurden seitdem von der staatlichen landwirtschaftlichen Forschungsbehörde, der ehemaligen IPEAN (Instituto de Pesquisas e Experimentacao Agropecuaria do Norte) bzw. der jetzigen EMBRAPA (Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuaria) in Belem durchgeführt (EMBRAPA 1975; Falesi 1967; 1970; 1972; 1974; IPEAN 1970; Rego et.al. 1978; Vieira 1971; et.al.). Es wurden dabei Profile in der TP angelegt und analytisch untersucht, zumeist aber nur auf einfache, quantitative Aussagen hin und ohne weitere Diskussion dieser Gehalte, so dass aufgrund dieser Werte eine quantitative Charakterisierung dieses Bodentyps vorliegt, diese aber nicht statistisch abzusichern ist und daher auch nicht für eine weitergehende Untersuchung der Dynamik herangezogen werden kann (siehe auch Kap. 6.3.2, 6.4, 6.5.2 u.a.).

Von Falesi wird hierbei die Hypothese aufgestellt, dass die runden Depressaos Fechados (siehe oben und Kap. 3.4.1) letzte, kleine Überreste des gewaltigen, tertiären, amazonischen Binnenmeeres seien (siehe Kap. 2.1.3), in denen sich nach dessen Entwässerung zum Atlantik noch lange Zeit Wasser und damit Wasserflora und -fauna halten konnten, die später abgebaut und humifiziert wurden und heute den TP-Humus darstellen (Falesi 1972, S.38; 1974, S.213).

Die TP spielt wegen ihres flächenmässig kleinen Auftretens und damit ihres prozentual verschwindend geringen Anteils an den Böden Amazoniens bei diesen Untersuchungen der staatlichen brasilianischen Stellen nur eine untergeordnete Rolle und wird daher meist nur im Zusammenhang mit allgemeinen Zusammenstellungen amazonischer Böden aufgeführt (mdl.Mitt.v.D.d.Santos, EMBRAPA). Dass die Konservierung der Huminstoffe und organo-mineralischer Komplexe trotz extremer Verwitterungsbedingungen Aufschluss geben mag für eine interessante Bodendynamik, wird von den brasilianischen Experten in ihren möglichen Folgerungen für eine Bodenmelioration nicht beachtet.

Zu erwähnen seien zum Schluss noch die Arbeiten der Hydrologen Sioli und Klinge, die ebenfalls die TP-Entstehung auf eine alte Kultur urückführen, 'die durch die Anreicherung mit organischen Stoffen aus den möglicherweise erst während der Bodenbenutzung selbst entstandenen podsoligen Horizonten den nordwesteuropäischen Eschenböden vergleichbare Humushorizonte geschaffen hat' (Sioli und Klinge 1961, S.206). Sie sind damit eindeutig anthropogener Entstehung, da der hohe Gehalt der TP an Phosphor und P-Säuren, die vom Abbau der Knochen stammen kann (Falesi 1974, S.213), im Gegensatz dazu in natürlichen amazonischen Böden nicht vorkommt (Mitt.v.Klinge, in Hilbert 1968, S.269).

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1.3 Entstehungstheorien

Als Abstrakt der oben aufgeführten Geländebeobachtungen lässt sich das häufige Auftreten von TP Die oft exponierte Situation auf Anhöhen mit Sicht nach 3 oder 4 Seiten (Mayntzhausen 1912, S.462, in Baldus 1951, S.3; siehe Kap. 3.7.1), nie unter der Linie des höchsten Wasserstandes (Hilbert 1955, S.13), und auch die Nähe zu Trinkwasserstellen lassen die TP an von Indianern als Siedlungsplätzen bevorzugten Lokalitäten auftreten. Die eigentlichen, recht kleinen TP-Vorkommen von meist unter 1-2 ha Grösse könne entweder völlig flach sein (Franco 1962) oder als konvexe Erhebungen , v.a. in den Niederungen (Meggers und Evans 1957; mdl.Mitt.von Erneston, EMBRAPA), das Gebiet überragen (siehe Kap. 3.5.3). Es überwiegen dabei die TP-Vorkommen auf den stark exponierten Stellen (in der Varzea auf Anhöhen, auf dem Planalto an dessen Rand).

Die Vorkommen sind + rund und laufen stets in einer + breiten Übergangszone von z.T. Kilometer-Breite zum umgebenden Latosol aus, aus dem sie ursprünglich entstanden sind. Schwach humose Horizonte sind oft noch ineiner Tiefe von 1-2 m zu finden; darunter gleicht die TP völlig dem Latosol.

Als Theorien der Genese wurden bisher genannt: Die nicht-anthropogenene Sedimentationstheorien müssen wegen des häufigen Auftretens von TP an exponierten und damit erosionsgefährdeten, nicht aber an sedimentations-begünstigten Stellen abgelehnt werden. Man beachte nur die extreme Spornlage der untersuchten Lokalität 'Chico Alfredo' bei Belterra (siehe Kap. 3.7.1), die die obige Theorien der Sedimentation ausschliessen lässt! Auch die volumenmässig sehr heterogenen TP-Horizonte widersprechen diesen Theorien (siehe Kap. 6.1.5).

Die Tatsache, dass Depressaos Fechados oft in der Nähe von TP liegen und eine ähnliche Form aufweisen, berechtigt noch nicht zur Annahme von (Sedimentations-) Thesen, die diese miteinander in Zusammenhang bringen.

TP ist daher eindeutig anthropogenen Ursprunges ! In vorigem Kapitel (1.2.3) wurde - v.a. anhand des Auftretens derselben (geologischen) Schichten in Latosol und TP und des allmählichen Übergangs des Ah in den Box - nachgewiesen, dass es sich bei der TP nicht um einen Plaggenboden, d.h. einen Auftrag allochthonen, + organischen Materials, handelt. Vielmehr muss hier in situ eine Zufuhr von Menschenharn und -kot, Speiseresten, Fischreste etc. (u.U. + vorkompostiert) stattgefunden haben, somit eine Anreicherung von organischem Material., Phosphaten, Eiweiss-Verbindungen etc. auf und in den dortigen Latosolen.

Möglicherweise spielt auch Schwelbrand mit Bildung von Holzkohle, wie besonders im Profil SP 6 ausgeprägt (siehe Kap. 1.5.2 und 3.9), aber auch in den anderen TP-Profilen beobachtet, eine Rolle bei der TP-Bildung.

Dass der Einfluss der Indianer über eine sehr lange Zeit anhielt, lässt sich aus folgender Hochrechnung ableiten: In dem untersuchten TP-Gelände von 'Chico Alfredo' (siehe Kap. 3.5.1 und 3.7.2) von 0,65 ha wurden pro Profil von 2 qm Grundfläche 100 - 200 Tonscherben von über 4 cm2 Grösse gefunden. Dies ergibt auf die gesamte Lokalität eine Anzahl von etlichen 100.000 (ca. 400.000 - 600.000) Scherben bzw. - in Relation zur Keramikgrösse - eine Anzahl von etlichen 1000 (ca. 4000 - 8000) Töpfen. Eine derartige Erzeugung kann nur innerhalb vieler Generationen oder gar Hunderten von Jahren an dieser Stelle erfolgt sein.

Nach einer derartigen Klärung der TP-Genese kann die Frage, wie die Indianer den dortigen Latosol beeinflusst haben, nur durch ethnologische Feldarbeit geklärt werden. Manche Indianer in Rückzugsgebieten bilden angeblich heute noch TP (Falesi mdl.Mitt.; siehe Kap. 1.4, Pt.23).

In bodenkundlicher Hinsicht interessiert v.a. die Dynamik und die Stabilität der Humusverbindungen und die anorganische und organische Unterscheidung zum Latosol.

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1.4 Vorkommen der Terra Preta

Im Rahmen der zitierten archäologischen, geographischen und bodenkundlichen Arbeiten wurden z.T. auch Prospektionsarbeiten über TP-Lokalitäten durchgeführt, andererseits befinden sich auch in fachfremder Literatur Hinweise auf Vorkommen der TP. Auf solchen Literaturvermerken und Beschreibungen der TP aufbauend, sei hier erstmalig der Versuch einer regionalen Zusammenstellung von TP-Vorkommen gewagt. Betont sei aber, dass eine derartige Zusammenstellung der regionalen Verbreitung nur höchst unvollkommen sein kann, sogar vermutlich nur einen kleinen Teil der überhaupt bestehenden TP-Lokalitäten beschreibt. Denn aufgrund der schwierigen Gelände- und klimatischen Verhältnisse kann nur von einer sehr geringen bodenkundlichen Exploration Amazoniens gesprochen werden (siehe auch Kap. 3.2).

Da die Geländeerkundung stets von grossen Flüssen aus erfolgte, liegt der Grossteil der bekannten Vorkommen in unmittelbarer Nähe des Amazonas oder seiner grossen Nebenflüsse. Erst in jüngster Zeit begann die Erforschung auch von kleineren Flüssen und von neugebauten Strassen aus, so dass auch abseits der grossen Ströme mit der Entdeckung von TP zu rechnen sein wird.

Obwohl sich die meisten Literaturangaben auf die Region des unteren Amazonas konzentrieren, ist aus Hilbert (1968) ersichtlich, dass eine Vielzahl von TP-Vorkommen am Amazonas zwischen Manaus und der peruanischen Grenze liegt. Hier ist desweiteren eine kurze Literaturzusammenstellung von Forschungsarbeiten im westlichen und nordwestlichen ausserbrasilianischen Gebiet gegeben. Dementsprechend äusserte sich auch Sr. Sanchez vom Militärgeographischen Institut von Lima, Peru, der von TP-identischen Böden (mit einem hohen Gehalt an organischer Substanz und Keramikartefakten) im peruanischen Tiefland sprach (pers.mdl.Mitt.). So steht es ausser Zweifel, dass auch in Peru, Equator, Bolivien , vermutlich auch in Kolumbien und den Guayanas TP existiert.

Von Funden einer TP im südlicheren Bereich von Brasilien sprechen u.a. Baldus (1951, S:1-16: N-Parana), Mayntzhusen (1912, S.462: am Alto Parana), das Forschungsinstitut IPEAN (Falesi 1970, S.107: in Rondonia) und andere. Dem stehen allerdings Aussagen von D.d.Santos, EMBRAPA (pers.mdl.Mitt.) und Sombroeks entgegen, da sich in Rondonia bzw. in S-Brasilien wegen des dort stärker nomadischen Verhaltens der Stämme - im Gegensatz zum sesshaften der Tupi- und Aruak-Stämme Amazoniens - keine TP entwickeln konnte bzw. habe (Sombroek 1966, S.176).

Zweifelsohne dürfte aber das Hauptverbreitungsgebiet der TP das amazonischen Tiefland darstellen, während sie in den Randregionen wesentlich geringer verbreitet ist. Ob dies allerdings auf andersartiges Ausgangsgestein, andere Klimabedingungen, andere Indianerstämme mit unterschiedlichem ethnischem Verhalten oder auf völlig andersartige Einflüsse zurückzuführen ist, konnte noch nicht geklärt werden.

Die folgende Zusammenstellung sämtlicher bisher in der Literatur genannten TP-Vorkommen sei nach Staaten und nach nördlicher bzw. südlicher Lage zum Amazonas gegliedert. Sie dient als Grundlage für die Karte im Anschluss (Abb.3). Sehr ungenaue Ortsangaben werden durch Klammern um den betreffenden Literaturvermerk kenntlich gemacht.

1.4.1 Terra Preta-Vorkommen im Territorium Amapa
Tabelle mit Auflistung in der Literatur bekannter TP-Vorkommen im Territorium Amapa
1.4.2 Terra Preta-Vorkommen im Staat Para nördlich des Amazonas
Tabelle mit Auflistung in der Literatur bekannter TP-Vorkommen im Staat Para nördlich des Amazonas
1.4.3 Terra Preta-Vorkommen im Staat Para südlich des Amazonas
Tabelle mit Auflistung in der Literatur bekannter TP-Vorkommen im Staat Para südlich des Amazonas
1.4.4 Terra Preta-Vorkommen im Staat Amazonas nördlich des Amazonas
Tabelle mit Auflistung in der Literatur bekannter TP-Vorkommen im Staat Amazonas nördlich des Amazonas
1.4.5 Terra Preta-Vorkommen im Staat Amazonas südlich des Amazonas
Tabelle mit Auflistung in der Literatur bekannter TP-Vorkommen im Staat Amazonas südlich des Amazonas
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Siehe auch Google-Karte mit TP-Vorkommen

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1.5 Alter der Terra Preta

Da die Entstehung der TP anthropogen ist (siehe Kap. 1.3), kann die Geschichte der - v.a. präkolumbianischen - Indianer Rückschluss geben auf der Alter der TP. Daneben existiert für eine Datierung nur noch die 14C-Methode, wie sie z.T. angewendet wurde (siehe unten). Andere Datierungsmöglichkeiten wie Dendrochronologie, stratigraphische Verfahren o.dgl. konnten bisher noch nicht durchgeführt werden.

1.5.1 Datierung anhand der Geschichte Die grosse Anzahl von TP-Vorkommen und Scherbenresten lässt auf eine sehr hohe Besiedlungsdichte schliessen, die - bei Betrachtung der heutigen, sehr geringen Einwohnerdichte - unglaubwürdig erscheint.

Doch die Geschichtsschreibung weist hier andere Sachverhalte auf: Bereits Orellana, 1541 der Erstdurchquerer des Amazonastales, war die Grösse der Siedlungen aufgefallen. Die Ufer waren zu jener Zeit stark bevölkert. Auch Heriarte versetzte die auffallend hohe Bevölkerungsdichte in Erstaunen (Heriarte 1874, in Hilbert 1968, S.24).

Eine dichte Besiedlung in der Region von Santarém bestand v.a. bis 1639, als Tausende von Indianern von den Portugiesen asl Sklaven weggetrieben, getötet oder weiter in Hinterland vertrieben wurden (Markham 1859, in Hilbert 1968, S.24; siehe auch Kap. 2.7). 'Gegen Ende des 17. Jahrhunderts ... war der einstmals mächtige Stamm an der Mündung des Rio Tapajos mit seinen zahlreichen Dörfern weiter landeinwärts [zu denen zweifelsohne auch das spätere Belterra gehörte] durch die Sklavenjagd so gut wie vom Erdbeben verschwunden' (Nimuendaju 1953, S.53).

Dies stellt somit eine Möglichkeit der Datierung des Minimalalters dar: In diesem Grossraum von Santarém sind mit hoher Sicherheit 300 Jahre das minimale Alter der vorgefundnen Keramikscherben und damit auch dieses Bodens.

Als mögliche obere Grenze des Alters dieser Tongefässe gibt Haberland 500 Jahre an (1963, S.213).

Ob sich dies allerdings nur auf die obersten, am weitesten entwickelten Horizontstile beschränkt, sei dahingestellt. Denn zweifellos gingen dieser Epoche ältere Kulturstile wie auch frühere TP-Bildungszeiten voraus.

Dass ausser der TP keine weiteren Relikte einer früheren Besiedlung mehr vorhanden sind, darf nicht erstaunen. Bei den Verwitterungs- und Vegetationsbedingungen werden ehemalige Wohnstätten in kürzester Zeit vom Sekundärwald überwuchert und zerstört (siehe auch Kap. 2.5.4).

1.5.2 14C-Datierung Exakter dürften 14C-Datierungen an organischem Material in der TP sein. Hier besteht aber die Gefahr, dass die gemessenen Holzkohlen- und Knochenstücke später in die sie enthaltende TP gelangt sind oder von jüngeren Huminstoffen kontaminiert wurden und damit ein jüngeres Alter anzeigen (siehe dazu Kap. 4.11, dort auch das Prinzip der 14C-Messung). Sicher sind nur die archäologischen Objekte selbst.

In ihnen liefern die Magerungsmittel (beigefügte, nichtplastische Teilchen, die ein Schrumpfen während des Trocknens bzw. Reissen während des Brennens verhindern) Cauixi, ein bis zu 30 cm grosser Süsswasserschwamm an Ästen, oder aber Caripe, graues Aschenpulver einer bestimmten Baumrinde, die für die 14C-Datierung notwendig organische Substanz.

Anhand dieser Materalien datierte Sternberg TP-Funde von der Insel Careiro (siehe Kap. 1.4, Pt. 37) auf ein Alter von 1075 + 150 Jahren B.P. (1956, in Hilbert 1968, S.45).

Weitere Messungen belaufen sich auf 800 Jahe B.P. (bei Coari, Pt. 57 in Kap. 1.4), 1100 Jahre (bei Paredao, Pt. 38), 1200 Jahre (bei Coari, Pt. 57), 1200 und 1300 Jahre (bei Caiambe, Pt. 59), 1300 Jahre (bei Mangueiras) und 1500 Jahre (bei Manacapuru, Pt. 41) (Meggers und Evans 1957; in Hilbert 1968, S.47, 256).

Soweit scheint das hohe Alter vieler TP-Böden gesichert zu sein.

Bei der Geländearbeit in Belterra (siehe Kap. 3) wurden eigens für die Altersdatierung aus dem Profil SP 6 aus einer Tiefe von ca. 60 cm bzw. 120 cm Proben in Form von Holzkohlenstücken entnommen. Insbesondere die aus grösserer fielen durch ihre Form (stets länglich, rechteckig, mit flacher Vorder- und Rückseite), ihre Grösse (bis zu 20 cm lang) und ihre Zuordnung zueinander auf.

Sie dürften anthropogen-allochthon sein.

Der Vergleich liegt nahe, dass es Holzscheite zur Erhaltung eines Schwelbrandes waren, ähnlich etwa den mit Erde abgedeckten Holzkohlenmeilern aus dem frühen Europa. In dieser Tiefe von ca. 60 - 130 cm Tiefe ist dieses Profil SP 6 nicht TP-typisch, bei den meisten Elementen und Kenngrössen wurden Ausreisser in diesem Tiefenbereich festgestellt.

In einer geringeren Tiefe dagegen ist es als ungestört mit TP-typischen Gehalten von C, N etc.etc. anzusehen. Das bedeutet somit, dass diese 'Holzscheite' nicht später in die TP gelangt sind. Es ist anzunehmen, dass sie vielmehr ursächlich mit der Entstehung der TP in Zusammenhang stehen (siehe Kap. 1.3 und 1.4, Pt.59).

Daneben deuten auch die sehr hellen Farben in unmittelbarer Umgebung der Holzkohlenstücke auf Brennen und somit ein starkes Erhitzen der Erde hin.

Die zwei oben genannten Proben wurden verbehandelt, d.h. v.a. von Kontamination befreit, und am Institut für Radiohydrometrie der GSF (Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung) in Neuherberg mittels der 14C-Methode auf ihr Alter hin untersucht (siehe Kap. 4.11). Es ergaben sich: Trotz des nicht unerheblichen Unterschiedes von ca. 500 Jahren zwischen den beiden Proben besteht aufgrund der Geländebeobachtung (unmittelbar übereinander, derselbe gemeinsame helle Farbring aus Ton um die beiden Probenstellen) der Verdacht, dass sie aus derselben Zeit stammen. Bei Berücksichtigung der angegebenen Varianzen ist dies auch keinesfalls ausgeschlossen. Der Überschneidungsbereich der beiden Proben bei 2 s liegt bei einer Zeit von zwischen 150 v.Chr. und 100 n.Chr. Die Entstehung der hiesigen TP, insbesondere des Profils SP 6, ist daher am wahrscheinlichsten auf die Epoche um die Zeitenwende zu datieren, sie kann aber auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zwischen 800 v.Chr. und 500 n.Chr. liegen. Dass die TP aber über vermutlich viele Jahrhunderte angelegt wurde, ist in Kap. 1.3 aufgezeigt worden.

Das Ziel derartiger Altersdatierungen sollte nicht eine genaue geschichtliche Fixierung sein, sondern lediglich der Beweis für eine viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alte TP bzw. die extrem lang anhaltende Stabilität der Huminstoffe, Kationenadsorption und Resistenz gegenüber dem Auswaschen.

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1.6 Archäologie

Da die präkolumbianischen Indianer eine wichtige Rolle bei der Entstehung der TP einnehmen, sei kurz auf deren wichtigste, verschiedene Epochen eingegangen.Aussagen über die präkeramischen Indianer des Amazonasgebietes - Jäger und Sammler - müssen sehr fragwürdig bleiben, da aus dieser Zeit der Besiedlung Amazoniens uns fast nichts erhalten geblieben ist. Gefunden wurden aus dieser Zeit lediglich einige wenige Hammer-, Pfeil- und Speerspitzen sowie Muschelhaufen (Sambaquis), u.a. auch im Landesinneren bei Santarém (Hartt 1885, S.1ff).

Genauere Kenntnisse über die indianische Bevölkerung haben wir erst seit deren Einführung der Keramikherstellung. Hier konnten vier verschiedene Kulturphasen festgestellt werden, die nacheinander, aber voneinander unabhängig, verschiedene Charakteristika in der Kultur- und Keramiktradition aufweisen. Daduch ist mit Vergleichsmethoden sowie mit stratigraphischen Befunden innerhalb einer Grabungsstätte eine relative Datierung und Unterscheidung möglich.

Die vier ausgezeichneten Kulturphasen sollen im folgenden vorgestellt werden: In sämtlichen Epochen müssen die Indianer zur Bildung von TP in der Lage gewesen sein.


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Last update: January 2007